2020 Sanierung der Außenwandflächen und des Fugenwerks des südlichen Langhauses

Im März 2020 wurde nach eingehender Planung, Kalkulation und Ausschreibung wiederum einmal die „denkmalrechtliche Erlaubnis zur Veränderung des Baudenkmales “Münsterkirche” gem. § 9 (1) c des Denkmalschutzgesetzes“ beim Essener Institut für Denkmalschutz und Denkmalpflege, der „Unteren Denkmalbehörde“, beantragt. Diesmal sollte die südliche Langhausfassade, die wichtige und städtebaulich bestimmende Schauseite des Domes, saniert und restauriert werden.


Nach Genehmigung und Beendigung des Sanierungsprojektes „Sanierung der Naturstein- Außenwände im Bereich Chorhauses des Domes“ (BA II), welches die östlichen Fassadenabschnitte (nördlich und südlich des Mittelrisaliten) sowie an der Süd- sowie der Nordfassade des Chorhauses  umfasste und der Fassadenabschnitte des nördlichen und südlichen Querhauses sollten nun auf Grundlage der durch diese Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich finanziellem Aufwand und notwendigem Umfang der einzelnen Sanierungsschritte weitere Flächen folgen.


Zwischenzeitlich wurden innerhalb des Bauensembles auch sämtliche Fassaden der Anbetungskirche St. Johann Baptist in den Jahren 2016 und 2017 saniert:
•    Westliche Turmfassade (BA I)
•    Südliche, östliche und nördliche Turmfassaden (BA II)
•    Westliche Seitenschifffassaden (BA II)  
•    Nördliche und südliche Seitenschifffassaden (BA III)  


Bei den nun geplanten weiteren Flächen (zwei aufeinander folgende Bauabschnitte des südlichen Langhauses des Domes) waren Art und Umfang der anzutreffenden Schadensbilder direkt mit den bereits sanierten Bereichen beider Kirchen vergleichbar und auf die weiteren Bauabschnitte übertragbar. Die Art und Materialität des Mauerwerks aus Ruhrsandstein sowie das bei der letzten Sanierung in der Nachkriegszeit verwendete Fugmaterial sind identisch, sodass man vom bisher zugrunde gelegten Sanierungskonzept nur unwesentlich abweichen musste.


Ein Großteil des Fugenwerks war sehr schadhaft, bis hin zu größeren, tiefen Löchern. (Abb. 41) Durch falsche Hydrophobierung und/oder Festigung der Fassadenflächen war eine Schalenbildung, vor allem im Bereich der steinmetzmäßig an der Oberfläche bearbeiteten Werksteine, anzutreffen (verstärkt durch die Oberflächen – Verdichtung durch die Steinbearbeitung, z. B. Scharrieren, Stocken, Kröneln). (Abb. 42) Das betraf an dieser Fassade vor allem die Strebepfeiler-Vorderseiten und -Flanken. (Abb. 43) Die senkrechten Kanten der Pfeiler waren teils stark erodiert, allerdings deutlich weniger als an den südlichen Strebepfeilern der Anbetungskirche. (Abb. 44) Alte, entbehrliche Einbauteile aus Eisen führten zu Schäden durch dieSprengwirkung der Korrosion. Sie wurden sorgfältig und substanzschonend ausgebaut. An den Maßwerkteilen der Fenster waren offene Fugen zu verzeichnen, die mittelfristig den statisch-konstruktiven Verbund stören. (Abb. 45) An einzelnen Werksteinen der Fenstergewände sind kleinere Schubrisse entstanden, die vernadelt werden sollten.


Diese Schäden wurden nun im Bereich der Fassadenabschnitte erst der östlichen, dann der westlichen Hälfte des südlichen Langhauses in einem sinnvollen, größeren Abschnitt behoben – die Finanzmittel dafür hat der Münsterbauverein im Jahr 2020 zur Verfügung gestellt. Zur Rezeptionierung des zu verwendenden Mörtels wurde im Rahmen der Probefläche amMittelrisaliten des Chorhauses im Jahr 2015 vorab eine Analyse des vorhandenen Versetz- und Fugmörtels durch das Geologisch Technische Büro (GTB) in Moers durchgeführt.   Als daraus resultierender neuer Fugmörtel wurde bei allen bisher sanierten Fassaden der hochsulfatbeständige werksgemischte Trockennmörtel HSM 2a der Firma Tubag gewählt und hinsichtlich des passenden Farbtones zusammen mit den Denkmalbehörden aus zwei Varianten vor Ort festgelegt. Der vom Geologisch Technischen Büro (GTB) für die Südfassade vorgeschlagene Mörtel, der Restaurierungsmörtel TKF M5 (Trasskalk-Fugmörtel) , ebenso von Tubag, wurde im Bereich mehrerer Probeflächen in verschiedenen Standard - Farbstellungen getestet. (Abb. 46) Verwendet wurde dann jedoch eine farblich noch besser passende Mischung zweier beim Hersteller erhältlicher Farbtöne. Die speziell von Tubag für den Essener Dom produzierte Charge sollte auch bei allen weiteren Flächen zur Anwendung kommen.


Hinsichtlich der Schalenbildung des Mauerwerks wurde vorgeschlagen, nur die wirklich lose aufliegenden Schalen (Dicke max. ca. 5 mm) vorsichtig abzunehmen und im Sinne der Vermeidung einer erneuten Schalenbildung auf eine steinmetzmäßige Oberflächenbearbeitung zu verzichten. (Abb. 47) Die Einschätzung von Christoph Schaab (LVR) zu einem vergleichbaren Schadensbild im Sockelbereich eines Strebepfeilers der Kirche St. Johann Baptist hat diese Auffassung bestärkt. Weiterhin wurden die sehr engen, offenen und kaum mit Mörtel haltbar zu verschließenden Fugen zwischen den Maßwerkstücken der Fenster mit Bleiwolle verstemmt und somit Verbund und Statik gesichert.


Im Gegensatz zu den bisher sanierten Flächen des Chor- und Querhauses sowie der stark witterungsbeaufschlagten Turmfassaden St. Johann Baptists, die hauptsächlich relativ breite Fugen aufweisen (bedingt durch die Art des regelmäßigen bzw. unregelmäßigen Schichtenmauerwerks) (Abb. 48), bestehen Fassade und Strebepfeiler des Langhauses aus Quadermauerwerk. Dies wurde am Essener Dom mit sehr dünnen „Messerfugen“ ausgeführt. (Abb. 49) Das war zur Erbauungszeit problemlos, da die Ruhrsandsteinquader relativ „scharfe“ Kanten besaßen und so passgenau gefertigt wurden, dass das Mauerwerk sozusagen ohne Fugen versetzt werden konnte. Die Witterungseinflüsse der Jahrhunderte führten jedoch zu einer Erosion der Quaderkanten (Abb. 50) und rundeten diese zur Fuge hin ab. An der Fassade herablaufendes Wasser konnte so kapillar in die Fugen einziehen. Bei früheren Sanierungen (Nachkriegs-Wiederaufbau) wurden die Fugen nur oberflächlich aufgelegt, so dass diese keinen physikalisch-chemischen Verbund mit dem Mörtel des Mauerwerks eingehen konnten und in der Folge nach und nach herausfielen. (Abb. 51) Die sinnvollste dauerhafteste Maßnahme wurde von der Fa. Baufeld umgesetzt: Die Messerfugen wurden mit 3 mm breiten Trennscheiben etwa 2 cm tief aufgeschnitten. (Abb. 52) Bei der Neuverfugung konnte somit eine stärkere Verkrallung des Mörtels im Fugennetz und mit dem Versetzmörtel erreicht werden.


Viele Vierungen (vor allem als Abdeckung der schlecht verschlossenen Ankerlöcher der Strebepfeiler-Verankerungen, die 1997 im Rahmen der großen Domsanierung vorgenommen wurden, aber auch im Bereich von größeren Witterungsschäden) wurden eingesetzt und in der Oberfläche strukturähnlich angearbeitet. (Abb. 53) An etlichen stark erodierten Kanten der Strebepfeiler-Vorderseiten wurden die Quader bis auf die „gesunde“ Substanz zurückgearbeitet (Abb. 54) und anschließend die ursprünglichen Profile wiederhergestellt. Dies geschah mit zum Gefüge des Ruhrsandsteins passenden Steinersatzmörtel. (Abb. 55) An Stellen stärkeren Substanzverlusts wurden die Mörtel-Anarbeitungen z.T. mit gerippten Edelstahlstäben und -drähten bewehrt. (Abb. 56) Durch die vorsichtige Reprofilierung der erosionsgeschädigten Kanten konnte das optische Erscheinungsbild sowie die Wasserableitung durch Anböschungen des Fugmörtels wiederhergestellt werden. Dieses Verfahren wurde auch an den Fenstergesimsen und -bänken angewendet. (Abb. 57) Die Restaurierungsfirma Berchem hat mit Mineralkreiden und anschließend aufgebrachtem Fixativ (stark verdünntes Kaliumsilikat der Firma Keim) eine gute, aber nicht übertriebene Angleichung der „Fehlstellen“ erreicht. (Abb. 58) Diese Methodik hat sich bereits bei der Restaurierung der Strebepfeiler an der Südseite von St. Johann Baptist bewährt. Dort galt es, die vielen, aus einer sehr grauen Varietät des Ruhrsandsteins von hoher Festigkeit neu eingebauten Quader ästhetisch befriedigend anzugleichen. Eine Verpressung von tieferen Hohlräumen war vor allem im Sockelbereich erforderlich. Diese Arbeiten mussten sehr vorsichtig mit Handpumpen unter geringem Druck ausgeführt werden, um zu verhindern, dass Verpressemulsion unentdeckt durch unter Erdreich liegendes Sockelmauerwerk ins Erdreich oder aber entlang der Südfassade verlaufende Drainageleitungen ausweicht. (Abb. 59) Im Rahmen der Gesamtsanierung wurde eine im westlichsten Strebepfeiler-Joch verlaufende Grundleitung saniert, Fallrohre abgenommen, repariert und neu befestigt. Blitzschutz-Ableitungen wurden überprüft und deren Halterungen neu fixiert, die Blitzschutzanlage insgesamt durchgemessen und gewartet. Einzelne, durch Steinwürfe gebrochene Scheiben der Schutzverglasung wurden durch die Glaserei Lerch in gebranntem Glas ausgetauscht. (Abb. 60) Um eine Grundlage für spätere Restaurierungen an den Fenster-Maßwerken zu erhalten, wurde vom Gerüst aus von dem sehr ungewöhnliche Material eines Werkstücks eine Probe entnommen und diese wiederum durch GTB analysiert . Es handelt sich um einen sehr feinkörnigen, beigefarbenen Fossilkalkstein mit kleineren Quarzkörnern und einer mit 22 % vergleichsweise hohen Porosität. Eine wichtige frühzeitige Erkenntnis, die für spätere Maßnahmen dokumentiert wird. Alle Arbeiten wurden im Zeitraum von Mai bis Dezember 2020 durchgeführt und vollständig durch den Münsterbauverein finanziert.

 

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Domkapitel Essen

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Domkapitel Essen

Datenschutz